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Donnerstag, September 07, 2006

Mein erster Sitzungsdienst

Heute war es endlich soweit.
Ziemlich müde im langen weißen Hemd mit ebensofarbiger Krawatte (klassischer Windsorknoten) ;o) betrat ich den Gerichtssaal und zog die warme schwarze Robe an. Im gesamten Gerichtsgebäude gibt es keine Klimaanlage (schwitz). Damit waren die Angeklagten wenigstens nicht die einzigen die schwitzen mußten. Ich litt mit ihnen.
Am Abend zuvor hatte ich noch die wichtigsten §§ der RistBV durchgeschmökert und ein 20-seitiges Skript voller Sitzungstipps dazu.

Zwei Angeklagte kamen gar nicht erst. Strafbefehl.
Ein Angeklagter, dessen Sohn ich hätte sein können, war fast den Tränen nahe. Er war wegen versuchten Prozessbetruges angeklagt und es war zu klären, ob er absichtlich einen Unfall anders geschildert hatte als er sich tatsächlich zutrug nur um an das Geld vom vermeintlichen Schädiger zu kommen. Letzlich war er nur mittels eines Indizienbeweises zu überführen und ich hatte dennoch das Gefühl, dass er unschuldig war. Auf dem Parkplatz eines Autohauses hatte sein Auto auf eine Unebenheit im Belag aufgesetzt und es fand sich eine ölartige Flüssigkeit an der Unfallstelle. Der Gutachter schloss aus, dass durch das Unfallgeschehen Öl ausgetreten sein könnte und die angegebenen Schäden am Auto durch diesen Unfall entstanden wären. Nach den Indizien hätte ich nun 70 Tagessätze zu 60 € gegen ihn beantragen müssen. Es hätte viele Zufälle geben müssen damit ein Freispruch drin gewesen wäre. zum Beispiel hätte die Werkstatt bestimmte Teile am Auto repariert haben müssen ohne diese Reparatur dann auch zu berechnen. Unwahrscheinlich. Andererseits, da hat jemand der sich noch nie etwas hat zu schulden kommen lassen einen Unfall und niemand hilft ihm. Im Gegenteil. Er verliert den Zivilprozess, muß seinen Schaden selbst tragen und dann soll er noch wegen versuchten Prozessbetruges dran sein. Wir haben dann das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 1000 € an die Gerichtskasse nach § 153 a StPO eingestellt.
In das Gefängnis haben wir zwei Intensivtäter gesteckt. Einen für 10 Monate und einen für 5 Monate. Sie hatten einfach schon zuviel auf dem Kerbholz so dass Haftstrafen ohne Bewährung angezeigt waren.

Jetzt bin ich ganz schön fertig.
Morgen muß ich 3 Anklagen schreiben und die Akten von heute sowie mein "Kostüm" in den Verleih zurückbringen.
Nächste Woche muß ich einen Aktenvortrag über eine Revisionsklausur halten. *Würg*



Bis bald liebe Runde. Lasst uns demnächst tafeln und schwafeln. ;o)

Gluex, Fluex, Stan, eMOmariam, zack, zusch (eine gute Verwünschung) ;o)

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ein Nikolaus, der sich aus allem raushält, ohne zu beachten, was der schwarze Suppentalar des Staatsanwalts mit dem weißen Kern wesenseigentlich bedeutet - das ist unser feiner Heiner!
Er steht da und plädiert und kaspert eine Anklage zurecht und bedenkt nicht, dass es doch das System ist (das große Ganze), das verurteilt werden muss, während es sich doch tatsächlich so verhält, dass das System anklagt und verurteilt.
Erst wenn der letzte Unschuldige verhaftet, wird auch der feine Heiner erkennen, dass man einen Schönfelder nicht essen kann - höchstens trinken (wenn man in vorher ein Jahr lang in Suppengrün einlegt).
Halt die schwarze Fahne der Gerechtigkeit hoch, du rundes Hochbegabtes!

Deine Liebe.

Staen hat gesagt…

So ist es doch:

Jede/r wird in ein verbesserungswürdiges System geboren...verbessert, handelt, macht und verändert (im besten Falle)...und hinterlässt den Nachkommen ein verbesserungswürdiges System...

Weshalb das ganze Gestalten von Gestalten??
...und macht man es tatsächlich besser oder gibt man nur das, was man von woanders her nimmt...?